Ist es jetzt an der Zeit, eine Immobilie zu kaufen? (Teil 2)

Im letzten Artikel hat Finanzpolster versucht das Thema „Mieten oder Kaufen“ mit Hilfe der Price-to-Rent Ratio Methode zu beantworten. Nur zur Erinnerung: Dieser Indikator stellt das Verhältnis des Miet und Kaufpreises gegenüber und ist daher eine Methode überteuerte Immobilienpreise (in Relation zu Mietpreisen) zu identifizieren.

Neben dem Kaufpreis sind für die Entscheidung, ob du eine Immobilie kaufst oder doch „nur“ mietest, ebenso deine sonstigen finanziellen Ziele und Möglichkeiten von Bedeutung. In diesem Artikel möchte Finanzpolster daher auf die Frage eingehen, ob Mieten verlorenes Geld ist, wie viele oft behaupten.

Ist die Miete verlorenes Geld und daher finanzielle die schlechtere Entscheidung?

Ob Mieten verlorenes Geld ist und du daher ein Eigenheim kaufen sollst, hängt von deinen sonstigen Möglichkeiten ab und was du mit deinem ersparten Geld machst. Statt deine Ersparnisse für den Kauf einer Immobilie für den Eigengebrauch zu nutzen, könntest du dieses Geld ebenso in den Aktienmarkt investieren.

Hierzu möchte Finanzpolster 2 Szenarien miteinander vergleichen. Ausgehend vom gleichen Startkapital, das einmal in ein Eigenheim und einmal in den Aktienmarkt investiert wird, stellt Finanzpolster euch die erwartete Wertentwicklung vor.

Folgende Werte und Annahmen werden für die Berechnung herangezogen:

  • Laufzeit 25 Jahre und Verkauf der Aktien bzw. Immobilie nach 25 Jahren
  • Anfangsvermögen von 60.000 EUR
  • 1,84% Inflation im Jahr, was der durchschnittlichen Inflation in den letzten 20 Jahren in Österreich entspricht
  • 3,6% Wertsteigerung der Immobilie im Jahr, was der Durchschnittsverteuerung der Immobilien gemäß dem Immobilienindex der Österreichischen Nationalbank der letzten 16 Jahre entspricht (für 20 Jahre fehlen die Daten)
  • 0,8% des Immobilienkaufpreises betragen die Instandhaltungskosten jährlich
  • Aktienrendite von 7,5% p.a (historische Rendite der Indizes von S&P 500 und MSCI World sind 7-8% p.a)
  • Kreditzinsen von 2,6% p.a (entspricht momentaner Zinslage für die nächsten 15-20 Jahre, Stand Sommer 2017)
  • 120 EUR jährliche Prämie für die Lebensversicherung als Sicherheit für den Kredit

Szenario 1: Kauf einer Immobilie

2,6% Kreditzinsen p.a, Laufzeit 25 Jahre, 7,5% p.a Rendite
Instandhaltungskosten pro Monat 0,8% vom Kaufpreis 133,33 €
monatliche Tilgung 725,00 €
Prämien Lebensversicherung pro Monat 10,00 €
Gesamtbelastung pro Monat 868,33 €
Gesamtkosten der Immobilie* 320.500 €
Gesamtwert der Immobilie nach 25 Jahren 484.200 €
* inklusive Finanzierungskosten, Instandhaltungskosten + Lebensversicherung

Max hat ein Vermögen von 60.000 EUR und kauft sich eine Wohnung mit Gesamtkosten von 220.000 EUR (Kaufpreis 200.000 EUR+20.000 EUR Nebenkosten). Die Finanzierung übernimmt seine Bank. Nach 25 Jahren und einer monatlichen Tilgung von 725 EUR + 133  EUR Instandhaltungskosten +10 EUR Prämien für Lebensversicherung als Sicherheit für die Bank (monatliche Belastung von 868 EUR) ist Max glücklicher und schuldenfreier Immobilieneigentümer.

Die Gesamtbelastung der Finanzierung exkl. Lebensversicherungsprämien beläuft sich auf 217.761 EUR, bei einer Verzinsung von 2,6% p.a. (Errechnet mit diesem Rechner).

Der Gesamtkosten der Immobilie inklusive Finanzierungskosten, Instandhaltungskosten und Lebensversicherungsprämien betragen daher 320.500 EUR

Durch die Wertsteigerung von durchschnittlich 3,6% p.a ist die Immobilie nach 25 Jahren 484.200,00 EUR wert.

Szenario 2: Investition am Aktienmarkt

2,6% Kreditzinsen p.a, Laufzeit 25 Jahre, 7,5% p.a Rendite
Start-Investment 60.000 €
monatlicher Investitionsbetrag im 1 Jahr * 368 €
Gesamtbetrag nach 25 Jahren 634.935 €
Gewinn 485.815 €
Vermögen nach 25 Jahren zzgl Abzug der KEST (27,5% auf den Gewinn) 501.335 €
* verringert sich jährlich um 1,85% aufgrund der steigenden Mieten

Moritz mietet sich die gleiche Wohnung und zahlt zu Beginn eine Miete von 500 EUR (ohne Betriebskosten, Strom, Heizung etc). Die Miete passt sich der Inflation an und steigt jährlich um 1,85%. Sein erspartes Vermögen von 60.000 EUR investiert er  schon heute in den Aktienmarkt. Zusätzlich investiert er monatlich 368 EUR (Differenz von 868 EUR [monatliche Gesamtbelastung, die er sich erspart hat, da er keine Immobilie gekauft hat]und 500 EUR Kaltmiete) in den Aktienmarkt über einen Sparplan.

Der monatlich investierte Betrag verringert sich um 1,85% p.a aufgrund der steigenden Miete. Nach 25 Jahren erfreut sich Max bei einer Rendite von 7,5% p.a über einen Gesamtbetrag von 634.935 EUR. (Errechnet mit folgendem Rechner ) Sollte sich Max entschließen sein Portfolio aufzulösen, wird der Gewinn seit 1.1.2016 mit 27,5% besteuert. Da sein Gewinn in den 25 Jahren 485.815 EUR beträgt, fallen bei ihm 133.599 EUR an KeSt an. Sein Vermögen ist sodann  501.335 EUR.

Mieten ist kein verlorenes Geld

In unseren Beispielen sieht man ganz deutlich, dass die oft behauptete Aussage Mieten seien nur verlorenes Geld falsch ist!!

Aus finanzieller Sicht hat Moritz als Mieter die bessere Wahl getroffen. Nach 25 Jahren hat er  ein Vermögen  von 501.335 EUR, wenn er seine Aktien veräußert. Hingegen hat Max durch die Veräußerung seiner Immobilie ein Vermögen von 484.200,00 EUR.

Beide Szenarien basieren jedoch auf Annahmen, die obwohl auf historischen Daten basierend, nicht eintreffen müssen. Die Kreditzinsen hingegen wurden bewusst sehr niedrig gewählt, was der momentanen Zinslage eher entspricht.

Wie sieht es aus, wenn du andere Annahmen hast?

Annahmen 2,6% Kreditzinsen p.a, Laufzeit 25 Jahre, 7% p.a Rendite 3% Kreditzinsen p.a, Laufzeit 25 Jahre, 7,5% p.a Rendite
Eigenheim € 484.200 € 484.200
Miete € 457.442 € 521.448

Wie du siehst, lohnt sich eher der Kauf des Eigenheims:

  • wenn du von durchschnittlichen Aktienrenditen von 7% p.a oder weniger ausgehst
  • und wenn du der Meinung bist, dass die durchschnittlichen Kreditzinsen in den nächsten 25 Jahren auf dem niedrigen Niveau  von ungefähr 2,6% bleiben.

Aus ökonomischer Sicht ist es besser auf ein Eigenheim zu verzichten,

  • wenn du von durchschnittlichen Aktienrenditen um die 7,5% p.a ausgehst
  • und  annimmst, dass die durchschnittlichen Kreditzinsen in den nächsten 25 Jahren nicht viel mehr weiter fallen oder zumindest gleich bleiben.

Wer ist in der Realität wohlhabender? Der Mieter oder doch der Eigenheimbesitzer?

Die oben berechneten Ergebnisse setzen vor allem voraus, dass das ersparte Geld durch das Mieten monatlich auch in den Kapitalmarkt langfristig investiert wird.

Eine Studie in Deutschland im Jahre 2013 (Empirica Institut und die Bausparkasse LBS) zeigt, dass deutsche Immobilienbesitzer reicher in die Pension gehen als Mieter. Der Grund liegt häufig nicht nur daran, dass nur „wohlhabende“ eine Immobilie finanzieren können, sondern vor allem, dass Immobilienbesitzer viel mehr sparen als Mieter. Zusätzlich zur Tilgung der Immobilie wird oft noch ein weiterer Finanzpolster aufgebaut, während Mieter das ersparte Geld (Differenz zwischen der theoretischen Annuität [=Zinsen+Rückzahlung] und tatsächlichen Miete) schneller ausgeben und nicht langfristig damit investieren.

Obwohl ÖsterreicherInnen eine über 8% Sparquote (Sparbetrag dividiert durch verfügbares Einkommen) haben, was gar nicht so schlecht ist, ist die Sparquote im Vergleich zu einem Immobilienkäufer sehr wenig.

Auf deine Erwartungen und Annahmen kommt es an

Die Frage ob Mieten verlorenes Geld ist oder nicht, ist nicht immer so einfach zu beantworten. Was finanziell die bessere Entscheidung ist, hängt davon ab, was du sonst noch mit deinem Geld machst. Wenn du dein Geld in den Aktienmarkt langfristig investierst, und annimmst, dass die Rendite, Wertsteigerung der Immobilie und Inflation sich konstant wie in der Vergangenheit entwickeln, dann lohnt sich der Kauf des Eigenheims eher nicht. Hingegen, wenn du dein Erspartes verkonsumierst oder in einem Niedrigzinssparbuch hamsterst, ist der Kauf einer Immobilie wirtschaftlich sicher die bessere Alternative.

Neben den wirtschaftlichen Faktoren spielen Kriterien wie persönliche Planung, Risikobereitschaft, Selbstverwirklichung und Lebenssituation ebenso eine sehr wichtige Rolle.

Basierend auf Finanzpolsters Annahmen und aufgrund des momentanen Price-to-Rent Ratios in Österreich hat sich Finanzpolster für die Miete entschieden.

Wie man über den Finanzmarkt zu durchschnittlich 7,5% Rendite p.a. kommt, verrät dir Finanzpolster im nächsten Artikel. Du möchtest auch vom Immobilienboom profitieren? Du möchtest jetzt aber keine Immobilien kaufen? Dann lese folgenden Artikel.

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